Meinen Traum zu leben und zu Hause zu funktionieren. Für die Zukunft zu sorgen und der Leidenschaft zu folgen. Der mittlere Weg. Für die Buddhas das einzig Weise, für mich aber voller Konflikt, weil immer etwas auf der Strecke bleibt, weil immer etwas fehlt, und weil ich plötzlich nicht mehr weiß, wo ich eigentlich hingehöre: In die Uni oder an den Strand?
Als ich durch die große Eingangstür laufe, taucht ein Satz in der ganzen Verwirrung auf. Keine Ahnung von wem er stammt, woher der kommt: Follow your heart, but don’t lose your head!
Määp, Määp! Ein gut gemeinter Hinweis mit der einfachen Message: »Vorsicht, ich komme!« Oder, wie man hier sagen würde: »Hello my frrient, ÄTENTION, mäke pläce, I COMING!«
Alles kommt, alles geht. Das ist genauso logisch wie unangenehm. Denn nichts, von dem was ich tue, hat Bestand und ist auf lange Sicht für irgendetwas gut.
Der Mensch glaubt an ein permanentes Dasein, eine ewige Seele, weil er sich nicht vorstellen kann (oder will), komplett zu verschwinden. Irgendwann einfach weg zu sein. Nicht mehr existent. Also schaffen wir uns ein Bild. Ein Ich. Das Ego. Etwas, das Bestand haben soll und wichtig ist. Und das ist der Anfang vom Ende. Daraus entspringen alle Sorgen und alle Ängste. Wir sehen uns selbst, das Ego, als getrennt vom Rest. Eine Illusion, die auf einem falschen Verständnis der Dinge beruht. Und für dieses Ego müssen wir einiges tun. Es hegen und pflegen, stark und besonders machen. Gier und Verlangen tauchen auf.
Entweder wir versuchen eine Situation zu ändern oder wir nehmen sie so, wie sie ist. Warum zusätzliches Leid erzeugen, in dem wir uns aufregen, trauern oder die Ungerechtigkeit des Schicksals bejammern.
Man muss seinen Geist trainieren. Jeden Tag. Und sich der Natur der Dinge bewusst werden, dass alles vergeht. Immer wieder den Augenblick erforschen, alles, was ist, statt sich den Gedanken zu ergeben, die in der Vergangenheit hängen, oder sich mit der Zukunft auseinanderzusetzen. So die unerfüllten Sehnsüchte zur Ruhe zu bringen. Dann geht man auf die Erleuchtung zu. Alles andere ist Nebensache.
Dort angekommen laufe ich einfach los. Ohne Ziel, der beste Weg, einen neuen Ort zu entdecken. So bekomme ich ein Stück Alltag serviert, treffe das Leben der Straße, anstatt Empfehlungen, anstatt sterilen Seiten irgendeines Reiseführers hinterherzurennen.
Sei wachsam und schaue mit offenem Herzen in die Welt. Ein voreingenommenes Auge ist blind. Ein Herz, das im Voraus entschieden hat, ist tot. Wenn du im Voraus zu viel weißt, verliert die Intelligenz ihre Schärfe, ihre Schönheit, ihre Intensität. Erlebe die Wirklichkeit unverfälscht. Das Leben ist eine Entdeckungsreise. Jeder Augenblick eine Überraschung. Voller Lebendigkeit, voller Leidenschaft. Man findet die Wahrheit nicht, indem man sie studiert. Man muss ihr begegnen.
Denn unterwegs ist alles gut oder wird alles gut. Entweder man erlebt unbeschreiblich schöne Dinge, wie Sonnenaufgänge, Surfen und Wasserfälle. Oder man hat eine unsagbar harte Zeit. Man geht durch eine entsetzliche Tortur, die sich später in eine tolle Geschichte verwandelt.
Wenn ich auf meinen Reisepass blicke, ist jeder investierte Euro ein gewonnener Euro. Tausendmal mehr wert als Auto, Haus oder Yacht! Meine Rendite ein Volltreffer und der Profit phänomenal: Freiheit und Wellen.
Essen bekommt ein anderes Gesicht. Es steht nicht kalt, in Plastik verpackt, abgemessen und etikettiert in einem Supermarktregal, sondern lebt in den Sphären um uns herum. Jeder Jäger und Sammler kann selber für ausreichend Nahrung sorgen. So wird das Leben authentisch und frei, weil wir unabhängig sind von den großen Konzernen, die uns am Schlafittchen haben, denen wir aus der Hand fressen und ohne die wir alle verhungern würden. Konzerne, die maximale Profite jagen und das Essen am Fließband produzieren. Ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Respekt vor Tieren und Pflanzen und ohne Blick auf das Wunder des Lebens und die Schönheit der Natur, die hinter allem steht.
Was davon ist ganz egal, und Eckart Tolle sagt zu uns: »Die Freude kommt nicht aus den Dingen heraus, sondern Du lässt sie in die Dinge hineinfließen!«
Wir haben heute die Qual der Wahl, und natürlich will ich am liebsten alles auf einmal und am meisten das, was ich gerade nicht habe. Aber alles geht nicht, und damit muss ich mich abfinden, genau wie jeder andere auch. Das ist der Kampf in meinem Kopf, der um mich herum schwimmt und dann abtaucht, um aus der Tiefe anzugreifen.
»Miiistar, oh Miiistar. I have veri gud, vääheri guud! Yu buy! Yu buy for guud luck, mei frrent!« Dann hektisch von rechts: »Hello Sör, hello Sör. Yu like, yu like! Dhis is väri cheap, onli for you my frent.«
Und schon fällt mir alles wieder ein. Deutschland hat eine Kehrseite. Ein Krebsgeschwür. Nicht das Wetter oder das TV-Programm. Weder die Politiker, noch die Wochenarbeitszeit, der Jahresurlaub oder die Gehaltshöhe. Das sind nur die Dinge, die in anderen Ländern noch viel schlimmer sind. Aber der Hang zum Negativen ist einzigartig. Und alle machen mit. Die Evolution ist schuld, denn wenn alle schon zufrieden wären, müsste keiner mehr im Laufrad laufen. Haus bauen, Karriere machen, sich selbst verwirklichen. Weiterkommen. Weil immer etwas fehlt, weil der kleine Ich-bin-nie-zufrieden-Mann im Kopf einfach immer das letzte Wort haben will. Unzufriedenheit als Antrieb, Depression als Überlebensstrategie. Aber ohne Krieg und Knappheit ist das Quatsch. Das muss doch mal einer merken, dass diese Gedanken der Kern von allem Übel sind. Dass die Sicht der Dinge das Leben zur Hölle macht – und nicht die Umstände.
Aber das ist Buddhismus. Arbeit bringt Erfüllung. Wir im Westen entscheiden uns, das anders zu sehen. Arbeit stiehlt Zeit, schafft unsinnigen Lebensstandard, verursacht Stress, bringt die Gesellschaft voran und zum Schluss den Herzinfarkt. Wer hat recht?
Von hinten nähert sich: »Massasch, massasch! Exdra gud, my frrent. Full bodhi, onli five rupi.« Und in geheimnisvollem Flüsterton: »Äänd I mäke yu banana väri äppy my frrent!«
Zuhause sind wir Söhne und Töchter, Nachbarn oder Angestellte, aber unterwegs verliert all das seine Bedeutung. Wir sind Reisende, auf dem Weg ins Leben, irgendeine Route entlang und irgendwohin.
Nur eins fehlt noch: Die Quelle der Weisheit. Denn zu einem Roadtrip durch Australien gehört Marihuana wie dreckiges Geschirr in die standesgemäß versiffte Zivi-Bude. Der Turbo für die Welt – oder der Kinderwagen, weil man langsamer wird und banal genug, um die Momente endlich von der Logik, endlich vom Denken zu befreien. Zen und Bewusstseinserweiterung. Für die unvergesslichen Augenblicke, für das Unfassbare, für die Ewigkeit und vor allem für unseren Trip durch Australien. Und außerdem: Lachen ist gesund.
Wer mir einen nachvollziehbaren Grund nennen kann, erwachsen zu werden, bekommt sämtliches Gold der Welt, einen Oscar in allen Kategorien und sei gleichzeitig in die Hölle verbannt.